Kastration der Hauskatzen – ein Gebot des Tierschutzes
Die Katze ist inzwischen des Deutschen liebstes Heimtier. Mehr als acht Millionen Hauskatzen leben in den Haushalten meist glücklich und zufrieden auf warmen, weichen Schlafplätzen, bei Menschen, die sich um sie kümmern, sie versorgen und mit ihnen spielen. Doch neben diesen acht Millionen streunen unversorgt und häufig infiziert mit tödlichen Erkrankungen noch viele tausend ausgesetzte oder fortgelaufene Katzen und deren Nachkommen durch Städte und Gemeinden.
In Köln beispielsweise schätzt man deren Zahl auf 40.000, in Berlin gar auf mehr als 100.000 – und es kommen immer neue hinzu. Kein Wunder: Kaum 7 Monate alt vermehren sich die Tiere unkontrolliert - auch mit Hauskatzen, deren Besitzer sich der Verantwortung nicht bewusst sind und ihrem unkastrierten Tier Freilauf gewähren. Unerwünschte Katzenwelpen werden dann häufig getötet, einfach ausgesetzt oder gelangen bestenfalls ins Tierheim. Doch die Tierheime sind deutschlandweit schon jetzt hoffnungslos überfüllt und der jährlichen Flut weiterer Katzenbabys nicht mehr gewachsen. Der Mensch steht deshalb in der Pflicht, die unkontrollierte Fortpflanzung zu stoppen. Die Kastration ist dafür das einzige Mittel. Nur so kann Katzenelend beseitigt und der Verbreitung von Erkrankungen vorgebeugt werden.
In Deutschland gibt es zwar bislang noch keine bundesweite Vorgabe, doch wird die Kastrationspflicht zunehmend auf kommunaler Ebene geregelt.
Grundsätzlich sollten Katzenbesitzer aber die Entscheidung, ob sie ihr Tier kastrieren lassen, nicht von gesetzlichen Vorgaben abhängig machen. Die Fortpflanzungskontrolle ist nämlich nicht der einzige Grund für eine Kastration. Sie dient bei Freiläufern und Wohnungskatzen gleichermaßen auch der Gesundheitsvorsorge. Auf den ersten Blick mag es unverständlich sein, was dieser operative Eingriff damit zu tun hat. Kenntnisse über den Sexualzyklus unserer Samtpfoten und das daraus resultierende Verhalten machen dies aber verständlich.
Die Vorteile der Kastration
- doppelte so hohe Lebenserwartung wie unkastrierte Katzen
- kein ungewollter Nachwuchs, für den man kein Zuhause findet
- keine Rolligkeitssymptome
- keine übelriechenden Markierungen
- stärkere Menschenbezogenheit
- weniger Aggressionen
- geringeres Bedürfnis zu streunen
- geringeres Unfallrisiko
- geringeres Risiko für Infektionen mit FIV ( Katzenaids) oder FeLV (Leukose)
- geringeres Risiko für hormonelle Erkrankungen
Sexualzyklus und -verhalten
In Abhängigkeit von Jahreszeit, Tageslichtdauer, Gesundheitszustand und Rasse wird die weibliche Katze in der Regel im Alter von etwa sieben bis acht Monaten, Langhaarkatzen häufig erst mit 11 bis 21 Monaten, geschlechtsreif. Verantwortlich dafür sind die Keimdrüsen (Eierstöcke beim weiblichen bzw. Hoden beim männlichen Tier), die Geschlechtshormone produzieren. Bei der Kätzin wird der Zeitraum der Paarungsbereitschaft als „Rolligkeit“ oder „Raunze“ bezeichnet. In diesem Abschnitt des Sexualzyklus findet auch der Eisprung statt, der im Regelfall nur durch den Deckakt ausgelöst wird. Fehlt der Kater, ebbt die Rolligkeit nach mehreren Tagen ab, um etwa drei Wochen später von einer neuen Brunst gefolgt zu werden. War die Katze trächtig wird sie oftmals schon ein bis zwei Wochen nach der Geburt wieder rollig. Grundsätzlich treten pro Jahr mehrere Sexualzyklen und damit Rolligkeiten auf, mit einer Ruhephase von Oktober bis Dezember. Die Zykluspause verlängert sich bei Tageslichtlängen unter 14 Stunden, unter 8 Stunden besteht Geschlechtsruhe. Bei Wohnungskatzen findet durch den Kunstlichteinfluss oftmals keine Zykluspause statt. Mitunter zeigen sie durch Zystenbildung am Eierstock sogar eine „Dauerrolligkeit“, bei der ein Zyklus nahtlos in den anderen übergeht. Dieser Zustand ist für die Katze sehr belastend und erhöht deutlich das Risiko für Erkrankungen der Gebärmutter. Während der Rolligkeit ist die Kätzin sehr unruhig und frisst kaum. Sie schreit für menschliche Ohren beklagenswert und rollt sich fast permanent über den Boden.
Kater erreichen die Geschlechtsreife etwa im Alter von acht bis zehn Monaten. Beim in der Wohnung gehaltenen Kater bemerkt der Besitzer die einsetzende Geschlechtsreife meist an dem plötzlich intensiv riechenden Urin oder aber er erwischt ihn beim Markieren (Spritzen von Urin) von Einrichtungsgegenständen. Nicht selten treten Dominanzverhalten verbunden mit Aggression gegenüber Menschen auf, wenn der Kater seinen Fortpflanzungstrieb nicht ausleben kann.
Kater mit Freilaufmöglichkeit beginnen auf der Suche nach paarungsbreiten Kätzinnen, ihren Aktionsradius deutlich auszuweiten und werden zunehmend häufiger in Revier- und Konkurrenzkämpfe verwickelt.
Kastrierte Katzen leben länger
Studien haben belegt, dass die Lebenserwartung bei kastrierten Katzen deutlich höher liegt als bei ihren „intakten“ Artgenossen. Sie leben im Durchschnitt etwa 10 Jahre, während unkastrierte Katzen nur ein durchschnittliches Lebensalter von 5 (Kater) bzw. 6 (Kätzinnen) erreichen. Ursache ist unter anderem das große Infektionsrisiko bei den Revier- und Konkurrenzkämpfe wie auch dem Deckakt. Hierbei werden besonders die Immunschwächekrankheit (Katzen-Aids) und Katzenleukämie übertragen, zwei häufig chronische und fast immer nach einem längeren Leidensweg zum Tode führende Erkrankungen. Aber auch Katzenseuche und –schnupfen können durch den direkten Kontakt übertragen werden. Zudem werden Katzen auf Partnersuche häufiger Opfer von Verkehrsunfällen.
Durch die Kastration werden die Fortpflanzung und das damit verbundene Verhalten endgültig ausgeschaltet. Kater können kein Sperma mehr produzieren und markieren die Umgebung nicht mehr mit Urin. Weibliche Katzen werden nicht mehr rollig. Das Risiko für Gebärmuttererkrankungen und Tumoren am Gesäuge sinkt gegen Null. Alle anderen Verhaltensweisen bleiben erhalten. Die Tiere werden zudem anhänglicher, neigen weniger zum Streunen und werden deshalb seltener Opfer von Verkehrsunfällen und kaum noch in Revierkämpfe verstrickt.
Kater und Kätzin werden kastriert
Nach noch immer gängiger, aber irrtümlicher Meinung vieler Tierbesitzer werden weibliche Tiere sterilisiert, männliche kastriert. Richtig ist jedoch, dass es sich um verschiedene chirurgische Eingriffe handelt. Während bei der Kastration die Keimdrüsen, also die Eierstöcke beim weiblichen und die Hoden beim männlichen Tier entfernt werden, erfolgt bei einer Sterilisation lediglich die Unterbrechung der Samenleiter beim Kater bzw. eine Unterbindung der Eileiter bei der Kätzin. Dadurch wird beim Kater die Abgabe von Sperma zur Befruchtung verhindert, bei der Kätzin der Abstieg von Eizellen in die Gebärmutter. Die Tiere sind zwar unfruchtbar, aber der Geschlechtszyklus und die damit verbundenen Aktivitäten bleiben vollständig erhalten. In der tierärztlichen Praxis wird deshalb bei Katzen – weiblichen und männlichen – ausschließlich eine Kastration durchgeführt.
Wann sollte kastriert werden?
Einen idealen Zeitpunkt gibt es nicht, wohl aber einen idealen Zeitraum. Für die Psyche und den Geruchssinn von Katzenbesitzern, deren Tiere ausschließlich in der Wohnung leben, sind die ersten Anzeichen der Geschlechtsreife meist Grund genug, die Katzen umgehend kastrieren zu lassen. Soll die Katze Freilauf haben, darf sie das auf keinen Fall unkastriert, denn häufig wird das Einsetzen der Geschlechtsreife erst bemerkt, wenn es bereits zu spät, d. h. die Katze entlaufen oder trächtig ist. Keinesfalls sollte man sich von dem unter Tierbesitzern hartnäckig kursierenden Gerücht beeinflussen lassen, eine Katze könne erst kastriert werden, nachdem sie einmal geworfen habe. Diese Behauptung entbehrt jeglicher medizinischer Grundlage. Kastriert wird üblicherweise spätestens, wenn die Geschlechtsreife erreicht ist, häufig sogar davor (sog. Frühkastration), d. h. in Abhängigkeit von Rasse und Geschlecht im Alter von sechs bis acht Monaten oder auch schon mit acht bis 14 Wochen. Wann die Kastration im Einzelfall durchgeführt werden sollte, bespricht man am besten rechtzeitig mit dem Haustierarzt.